es kommt sehr wohl auf das aussehen an

ich schäme mich so bewusst und konsequent für meinen dysfunktionalen körper, weil meine vielen körperlichen und neurologischen eigenheiten von meinen eltern, deren werte vor allem auf materialistischen sorgen basieren, so thematisiert wurden, dass ich deswegen "das sorgenkind" war, also außenseiter in der eigenen familie.

das hat angefangen, bevor ich gesprochen habe, durch mein unkooperative ess-verhalten, durch bettnässen, durch langsames erlernen der sprache, vielleicht auch durch probleme im blickkontakt, wegen sehschwäche. und hat sich halt durch wenig emphatische reaktionen darauf zur grundlage meiner sozialen beziehung und somit meiner identität hoch gespielt. vor allem das thema ernährung wurde zum alltäglichem kampf für die nächsten 17 Jahre.

umgekehrt hat eine annäherung an physikalische gesundheit den effekt, mich von dieser konditionierten identität eines disqualifizierten außenseiters zu befreien.

jedes kilo weniger sind 100 km abstand von der gefühlten sklaverei der normalität, jeder makel am detail weniger ist 10km weiter und meine garderobe ist, wenn sie alle meine kriterien perfekt erfüllt, wie ein schutzschild, an dem die pfeile abprallen, die mich verfolgen.

wo ist der zusammenhang zwischen "sklaverei" und ausschluss oder verdammnis? in den anforderungen, denen man genügen muss, um von wert zu sein.

es ist ziemlich gemein und paradox, dass ich anforderungen erst gerecht werden muss, um die last der anforderungen nicht mehr zu spüren und somit innerlich frei vom zwang zum gehorsam gegenüber den anforderungen zu werden.

aber es ist so. denn ~ alles ist verbunden ~ haha. dieser blöde spruch macht selten sinn, aber hier passt er wie die faust aufs auge.

dabei ist es ja nicht so, dass ich den anforderungen gehorche, in dem ich ihnen genüge. genau genommen biete ich ja bloß keine angriffsfläche mehr für kritik.

es ist ein bisschen, wie wenn man sich als wärter verkleidet, um aus einem gefängnis aus zu brechen. man wird zu dem, was man wirklich sein will, nämlich ein ausbrecher und man weiß man kann hoffen, damit auch durch zu kommen, weil andere einen "in ordnung" finden, so "als wärter" - auf den ersten blick. und der ist alles worauf es ankommt. denn danach seht ihr mich nie wieder :p

für mich ist der körper ein mittel zum selbst ausdruck, sowohl symbolisch als ankündigung individueller eigenart als auch durch individuelles verhalten selbst und die ideale voraussetzung dafür wäre ein ästhetisch korrekter bzw natürlich gewachsener körper ohne makel.

aber was meine eltern in in meinem körper sahen war nur dysfunktionalität. für sie ist ein körper nur instrument zum überleben und die voraussetzung dafür ist eine körperliche normalität, die sie vor allem am verhalten festmachen, bzw eine, die stark von der neurologischen konstitution und einstellung abhängt. etwa, dass man isst wenn alle essen und nur das was alle essen, in der selben menge, dass man nicht friert, wenn andere einen mit in die kälte nehmen, dass man energie hat, wenn es gilt, mit oder für andere zu arbeiten oder unaufgeforderte aufmerksamkeit für genau jene informationen, die dafür relevant sind...

die pragmatisch orientierte und verächtliche kritik an jedem aspekt meiner äußerlichen funktionalität kam von meinem vater. meine mutter hatte sich aber aus sorge um meine soziale anpassung, in der familie und angeblich im späterem leben, der kritik an meinem absonderlichem essverhalten angeschlossen.

ursprüngliche introjektionen von meinem vater:

"du bist zu weich! / nicht hart genug!"
"du bist im weg / brauchst zu viel zuwendung / zu viel aufmerksamkeit / zu viel eigenes"

beiden unterstellungen ist durch fettleibigkeit perfekter ausdruck verliehen worden, wodurch sein unfehlbares urteil mal wieder bestätigt wurde.

und neulich "du siehst schlecht aus. hast du abgenommen?" (/OT)
im ernst, gemeint war ungefähr:  "du tickst schon wieder nicht mehr richtig, muss ich schon wieder versuchen, dich in ordnung zu bringen?"

und nein, ich sage nicht, dass mein körper auf magische weise fett wurde, weil solche gedanken über ihn gedacht oder gesagt wurden. mit magie bzw metaphysischem quatsch hat das nichts zu tun. aber mit zulassen der oder zuflucht suchen in den zu grunde liegenden objektiven verhaltensweisen und dulden der konsequenzen.

zb durch gefühlte gedanken wie diesen: "es steht mir sowiso nicht zu, erfolg beim abnehmen zu haben, weil mir im leben niemand zutraut, dass ich die rolle des jungen starken helden ausfüllen könnte (denn: "es kann nur einen geben"). darum muss ich heimlich abnehmen, als ob ich in die rolle eines ausbrechers hinein wachsen will, der zwischen den gitter stäben durch passen wird. und ich kann nicht um unterstützung bitten, in form besserer ernährung, sondern muss es mit "friss die hälfte" schaffen "

so habe ich gefühlt, als ich mit 19 zum ersten mal abgenommen habe. gemüse und früchte wären damals unbezahlbar und logistisch nicht machbar gewesen und überhaupt auch nicht genehmigt worden, weil jede idee, die nicht seine ist, immer falsch ist. und ein bisschen fühle ich immer noch so, weil ich mir immer noch nur das billigste essen leisten kann, das mit den lecker pestiziden drauf und nix exotisches. 

"ich bin ein total versager!"

trift es wunderbar, wegen der eigenartigen doppel-deutung des wortes versagens. aus der ersten person perspektive hält der versager nicht, was er dem anschein nach verspricht: also er sieht wohl halbwegs normal aus, tickt aber nicht ganz normal. aus der zweiten person perspektive mag aber ein hauch absicht dahinter stecken. der versager sagt nein zum gehorsam.

aber wieso? ich wurde nicht als heldenhfafter anti-konformist geboren.

im gegenteil, aus meinem typologisch eingeborenem idealismus ergibt sich durchaus das potenzial zum sheriff, auf der konformistischen stufe, dem ich beim verkleiden durch aus mal nach gegangen bin. wobei meine variante vom sheriff sich wie der gemeine cowboy noch mehr an der impulsiven stufe anlehnt und vom westlichem polizist, dem ich mich niemals verbunden fühlte, dadurch unterscheidet, dass der zu einer gruppe und zu einem staat gehört und somit deutlich konformistischer ist oder jedenfalls sein soll. der sheriff ist auch potenziell rational, weil sein gesetz eher das universale und pragmatische urteil ist. auf der konformistischen stufe war ich eher ritter. ein ritter ist noch gehorsamer, als ein polizist. bzw weniger dominant, im sinne von eigenständig urteilend. aber ein ritter ist deutlich idealistischer. in meiner fantasie jedenfalls. er verurteilt und bestraft nicht, sondern er verteidigt etwas.

also das ver-sagen hat man mir durch introjektionen beigebracht, in dem man erfolg introjektiv so für mich definiert hat ("ich sollte xyz"), dass es nicht mehr mein eigener hätte sein können, wodurch jede vorstellung an erfolg bzw zielstrebigkeit unvorstellbar für mich wurde. vor lauter ver-sagen des erziehungsauftrags, hab ich schlicht vergessen, ja zu meinem eigenem traum zu sagen. wovon hab ich wohl geträumt, bevor ich nur noch davon geträumt habe, mit dem nein sagen einmal davon zu kommen, das letzte wort zu behalten ...

das erste nein, das mir nicht genehmigt wurde, war das nein zum gefüttert werden, nach einem krankenhaus aufenthalt. irgend ein knäcke brot mit scheußlichem belag, glaube ich. damals hatte ich noch keine sprache. wovon träumt man in dem alter wohl?

ich schaue aus der glaswand vom flur, draußen ist ein hof mit rasen, ein baum, es ist nacht, es regnet, im hintergrund sieht man beton.

vor dem hintergrund macht es sinn, dass ich die letzten 20 Jahre nur noch von sozialer freiheit und dann später von erwachen träume, weil ich keinen konkreteren traum vom leben in der welt zustande bekomme.

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