es war oder ist 'notwendig', dass sich das selbst widerspricht. der wiederspruch entspricht einer spaltung, bei der zwei seiten entstehen.
den wiedersprechenden, kontrollierenden, unterdrückenden teil bezeichnet man auch als retroflektierend.
dieser unterdrückende teil ist aber nicht notwendigerweise der projizierende teil.
der projizierende teil kann einer von beiden sein.
es ist einfach der, mit dem man sich identifiziert hat.
1) wenn die identifikation auf der unterdrückten seite ist, steht sie der unterdrückung gegenüber, und projiziert die unterdrückung.
2) wenn die identifikation auf der unterdrückenden seite ist, steht sie der unterdrückten seite gegenüber, und projiziert die unterdrückte seite.
aus dem wesen der projektion spricht unmittelbar, wenn auch leicht verzerrt, der projizierende teil. aber nicht notwendigerweise der unterdrückende teil. letzteres nur in dem fall, in dem die identifikation auf der retroflektierenden seite ist.
die spaltung (zB zwischen impuls und kontrolle) bestimmt daher noch nicht das wesen der projektion. sondern die identifikation, die ein zweiter und unabhängiger schritt ist. die projektion spiegelt also nicht unmittelbar den eigentlichen konflikt, das ursprüngliche thema der spaltung.
manchmal bevorzugt ein mensch generell die eine oder andere seite.
ich glaube ich kann da oft wechseln, oder habe je nach situation eine andere neigung. mögliche beispiele für situative neigungen dieser art: abhängigkeitstheorie
in meinem lebenslauf zeichnet sich aber eine klare tendenz ab.
in der traumsymbolik beobachte ich ständiges wechseln innerhalb einer einzigen traumszene.
besser und ausführlicher erklärt es ken wilber in seiner synthese aus transaktions analyse und gestalt therapie.
http://www.kenwilber.com/editor/TAGT.pdf (quelle)
beispiel:
zb im konflikt zwischen einem impuls, der etwas für sich in anspruch nimmt, raum, besitz, freiheit und der entsprechenden selbstkontrolle.
1) wenn die ihr gegenstück projezierende identifikation auf der seite der unterdrückung ist, ruft die projektion: "alle kriminell, schmarotzer, terr*risten, die muss man wegsperren!". die überwiegend ausgedrückte empfindung ist ungefähr wut. der anspruch auf besitz ist meistens unterdrückt, jedoch wird wohlmöglich ab und zu eine razia vorgenommen. das wesen der projektion lautet "diebe!" und gibt somit unmittelbare auskunft über das wesen des unterdrückten impulses, der da lautet "ich möchte mir etwas heraus nehmen, ich nehme mir was ich brauche, ich bin so frei". ebenso spiegelt die empfindung wut ungefähr das wesen des unterdrückten impulses, welches ebenso expansiv ist.
2) wenn die ihr gegenstück projezierende identifikation auf der seite des unterdrückten ist, ruft die projektion: "alles autoritäre bullenschweine, denunzianten, konformisten !!!"
die überwiegend ausgedrückte empfindung ist ungefähr angst. der anspruch auf besitz ist meistens unterdrückt, jedoch wird wohlmöglich ab und zu ein diebstahl durchführt. das wesen der projektion lautet "unterdrückung! sie wollen die freiheit rauben!" und gibt somit keine unmittelbare auskunft über das wesen des unterdrückten impulses, der ja nicht lautet "ich möchte jemanden unterdrücken und ihm die freiheit rauben", sondern der da lautet "ich möchte mir etwas heraus nehmen, ich nehme mir was ich brauche, ich bin so frei". die empfindung der angst spiegelt nicht das expansive wesen des impluses.
es kommen in der realität komplizierende faktoren hinzu. die retroflektion verzerrt das wesen dessen was retroflektiert wird bis zur unkenntlichkeit. zb gesunder besitzanspruch fühlt sie wie diebstahl an. darauf geht wilber in seinem text auch ein. außerdem sprechen aus dem bewustsein (dem 'klienten') überzeugungen, welche abwechselnd durch die perspektive des unterdrückenden oder die des unterdrückten teils geprägt sind. je mehr ich das beispiel ausmahle, desto mehr verwirrung dieser art fließt ein.
noch ein beispiel zum seitenwechsel in der traumsymbolik:
mir begegnet im traumcharakter zunächst die mir typischerweise gegenüberliegende seite, also die unterdrückende. ich fühl mich frei und pfeif ein lied und auf einmal greift mich das böse an.
aber wenn ich nun nicht mitspiele, also nicht weg renne, sondern vernichtend angreife, dann findet ein rollen tausch statt. mein gegenüber hat nun plötzlich "mein gesicht" und meint, ich sei das böse. und da ich mir in der angreifenden rolle plötzlich selbst so fremd bin, trete ich subjektiv aus dieser rolle heraus und somit aus dem ganzem konflikt zurück. darauf wandelt sich auch das gegenüber in subjektiver weise, so dass sein ausdruck nun die unschuldige ursprüngliche variante des unterdrücken impulses symbolisiert. es handelt sich dabei weder um ein weglaufen, noch um irgend ein heimliches umtreiben, noch um ein kontrollieren, verfolgen oder angreifen, sondern einfach nur ein so sein. ein grundlegendes daseins oder auch sicherheits bedürfniss.
okay, noch ein wort zur heilung der spaltung.
die spaltung ist ja zunächst unvermeidbar, da jedes selbst sich unter kontrolle haben muss. um die spaltung zu heilen muss eine dritte bewustseins qualität oder identität errungen werden, die sowohl den impuls als auch die retroflektion in sich aufnehmen kann, gleichzeitig. den impuls kann man auch als inneres kind bezeichnen, den retroflektierenden teil als elternteil oder über-ich. den dritten pol bezeichnet man am besten als "der erwachsene". solange der erwachsene stabil ist, sind impuls und retroflektion im sinne eines eigenständigen innenlebens gewissermaßen gestorben, da die spaltung aufgehoben ist.
wie ist das im stufen modell zu verstehen?
gibt es diese drei teile als typologische form auf jeder stufe? ist der erwachsene eine höhere stufe als implus und über-ich? ich bin mir nicht ganz sicher. retroflektion und impuls sind stark konditioniert und wilber sprach sogar von 'archaisch'. und der 'erwachsene' wird vielleicht erst auf einer höheren stufe möglich. 3 oder 4 oder so. ich denke es ist der übergang vom vor-persönlichem ins persönliche. und wenn dabei die eigenständige existenz von impuls und retroflektion ausgelöscht würde, bestünde auf noch höheren stufen nur noch der erwachsene. realistisch ist das nicht. wenn man bis in sehr hohe stufen hinein regelmäßig in der dualität aus impuls und retroflektion lebt, bzw situativ in diese hineinfällt, dann nehmen diese zwei gesichter vermutlich auch (aber nicht ausschließlich) eigenschaften/einsichten dieser höheren stufen an. wenn aber zb die stimme von gott (bewusstsein für aufstieg oder abstieg) aus der postition von retroflektion/über-ich erklingt, ist das doch vermutliche wieder blaue (3) religion + altitude :(
ps: ich gehe mit den meisten wörtern recht beliebig um. dh "impuls" ist eher nur ein beispiel-wort, nicht unbedingt der rechte überbegriff für die menge passender beispiele: motivationen oder so; alles was halt retroflektiert werden kann. ich kenne die perfekten überbegriffe halt nicht.
retroflektion und projektion | Mai 04, 2010 |
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